Reims

Freitag, 27. Mai Nach ereignisreichen Tagen in Paris und Umgebung, machen wir uns heute auf den Nachhauseweg. Dabei kommen wir an Reims vorbei. Keine Frage, dass wir hier Halt machen und die Kathedrale, Notre-Dame de Reims, besuchen.

Das beeindruckende Gotteshaus ist heute die Kathedrale des Erzbistums Reims. Sie ist mit rund einer Million Besuchern im Jahr einer der Hauptanziehungspunkte der Champagne.

Der erste Kirchenbau entstand bereits im 5. Jahrhundert auf den Überresten gallo-römischer Thermen. Es bestand seit karolingischer Zeit eine bedeutende Domschule. Der bekannteste Lehrer war der Mathematiker Gerbert von Aurillac, weitere waren der Gründer der Kartäuser Bruno von Köln, Lotulf von Novara und Alberich von Reims.

Der Überlieferung nach der hl. Remigius gegen Ende des 5. Jahrhunderts als Bischof von Reims den Frankenkönig Chlodwig I. getauft und mit einem vom Himmel herab gesendeten Öl gesalbt. Daraus leitete der Reimser Erzbischof das Recht ab, in seiner Kathedrale jeden neuen König von Frankreich krönen und salben zu können. Als Krönungskirche fast aller französischen Könige symbolisierte die Kathedrale die enge Verbundenheit zwischen Monarchie und Kirche. Seit die Dritte Republik die Trennung von Staat und Kirche durchgesetzt hat, steht die Kathedrale von Reims gleichzeitig symbolhaft für die französische Nation.

Umso schmerzhafter war es daher, dass die Deutschen gleich zu Beginn des ersten Weltkriegs dieses bedeutende gotische Bauwerk bewusst bombardierten und schwer beschädigten, um die französische Moral zu brechen. Ein weiterer Baustein, die deutsch-französische „Erbfeindschaft“ zu zementieren. Bewusst legten daher Charles de Gaulle und Konrad Adenauer gerade hier den Grundstein für die deutsch-französische Freundschaft, indem sie gemeinsam eine Messe in der Kathedrale besuchten.

Auch in Reims beeindrucken wieder die wunderbaren Glasfenster. Die ursprünglichen Fenster aus dem 13. Jahrhundert wurden von den Deutschen zerstört. Im Laufe der Zeit wurden sie ersetzt, gestaltet durch zeitgenössische Künstler.

Bekannt sind vor allem die Chagall-Fenster in der Achsenkapelle

Baum Jesse
Szenen aus dem Alten und Neuen Testament
Wichtige Ereignisse der Stadt Reims

In der Kapelle halten wir unsere Andacht zum Abschluss der unserer Pilgerfahrt auf den Spuren des hl. Vinzenz von Paul und der hl. Luise von Marillac.

Ausgehend von der biblischen Botschaft des Festtages Christi Himmelfahrt (Lesung aus der Apostelgeschichte und Lukas-Evangelium) erinnert Domkapitular Bieber an den Taufbrunnen im Würzburger Dom aus dem 13. Jahrhundert. Dort ist sehr anschaulich die Himmelfahrt Christis dargestellt. Oben sind gerade noch ein Teil der Beine und die Füße Jesu zu sehen, die in den Wolken entschwinden. Unten sind auf der Erde am Boden die Fußspuren Jesus zu erkennen.

Mit diesem Bild ruft Domkapitular Clemens Bieber noch einmal die Stationen unserer Fahrt in Erinnerung. Die vielen kunstvoll gestalteten Gotteshäuser erinnern seit Jahrhunderten an die Glaubensbotschaft. Mehr noch prägt sich den Menschen das Zeugnis für die Menschenfreundlichkeit, die Liebe und das Erbarmen Gottes ein durch die Zuwendung und Hilfe, die durch Vinzenz von Paul und Louise von Marillac angestoßen wurde.

Die Andacht in der Kathedrale von Reims endet mit dem Gebet um eine glaubwürdige Kirche in unseren Tagen und dem Lied „Ein Haus voll Glorie schauet“, in dem es u.a. heißt: „Auf Zion hoch gegründet / steht Gottes heil‘ge Stadt, / dass sie der Welt verkündet, / was Gott gesprochen hat. / Herr, wir rühmen dich, / wir bekennen dich, / denn du hast uns bestellt / zu Zeugen in der Welt.“

Dazu erhält jeder Mitreisende eine Karte mit einem vom Malerpfarrer Sieger Köder gestalten Pfingstbild: Wie damals in Jerusalem gehen Fenster und Türen auf und Christen unterschiedlicher Generationen bezeugen vor der Welt ihren Glauben. „Heute kommt es auch auf uns – als Caritas der Kirche – an, dass die Menschen erfahren, dass Gott ihnen nahe ist und alle ihre Wege begleitet mit seiner Liebe.

Ebenfalls weltberühmt ist der sog. „lächelnde Engel“ am Westportal. Die Figur stammt aus dem 13. Jahrhundert. Berühmt wurde die Figur, weil sie durch ein herabstürzendes brennendes Gerüst nach einem Bombenangriff im ersten Weltkrieg geköpft wurde und der Kopf beim Sturz aus über vier Metern Höhe in viele Stücke zerbrach. Bilder von der zerstörten Figur gingen um die Welt und sie wurde zum Symbol für die „deutsche Barberei“. Da es einen Abguss des Originals gab, konnte der Kopf aus den Originalstücken und Ergänzungen wieder zusammengesetzt werden.

Heute ist der Engel vor allem wegen seines scheinbar spitzbübischen Lächelns berühmt. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein schadenfrohes Grinsen. Es ist vielmehr „hilaritas“, was sich in etwa mit „Frohsinn“ oder „Heiterkeit“ übersetzen lässt. Im religiösen Kontext bedeutet es Glückseligkeit. Der Engel von Reims strahlt eine entzückte Glückseligkeit aus, denn als himmlisches Wesen schaut er die Herrlichkeit Gottes. Er gibt den Betrachter einen Vorgeschmack auf das, was ihn am Ende aller Tage erwartet, wenn in das himmlische Jerusalem einziehen darf.

Mit diesem Lächeln werden wir aus Reims verabschiedet – einer Stadt, die unter den Deutschen viel zu leiden hatte und die symbolhaft dafür steht, dass Frieden und Versöhnung möglich sind, wenn beide Seiten aufrichtig um Vergebung bitten und Vergebung gewähren.

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